logo

Nichts gegen kleine Menschen: Ich hasse Wichteln!

Jedes Jahr wieder, unausweichlich, sicher wie das 'Amen in der Kirche' und die nächste Niederlage des VFL Wolfsburg, schlägt der Lehrer vor, dass wir wichteln. Wenn's der Lehrer nicht ist, dann die total engagierte Klassensprecherin mit sozialem Touch. Und wenn die's nicht raushaut, dann eben der Typ, der so viel Unterrichtsausfall wie möglich provozieren will. Wichteln - ich es hasse es.
Es fängt an mit dem Ziehen der Lose. Alle ziehen einen Namen und sind mehr oder weniger erfreut. Wenn sich die Jungen freuen, dann haben sie höchstwahrscheinlich jemanden gezogen, den sie nicht mögen. Wenn sie sich nicht freuen, dann haben sie ein Mädchen gezogen, das sie nicht mögen. Statt Schadenfreude kommt Augenrollen beim 'heimlichen' Zeigen des Loses in der näheren Freundesumgebung auf. Und die Mädchen - naja, die Tuscheln so oder so, von daher weiß man eh nicht, was sie nun denken oder wollen oder finden.

Egal.
Man hat also so ein Los gezogen und der Lehrer erläutert knapp die einfache Aufgabe: "Hört mal her, Leute. Kauft ein kleines Geschenk für nicht mehr als 2 Euro. Es soll nicht aus Plastik sein, nicht ein Produkt der Ausbeutung und durch Kinderarbeit entstanden sein, nicht übertrieben verpackt werden und irgendwie soll es praktisch sein. - Kauft doch etwas, was euch auch gefällt."
Wie auch immer, auf jeden Fall sollen wir etwas besorgen, das uns auch selber gefallen würde.
Wenn das so ist, wie kommt es dann, dass ich jedes Jahr überall Dinge bekomme, die ich weder gebrauchen noch mit gutem Gewissen weiter verschenken kann? Das einzige, wie mir scheint, das an des Lehrers Ansage Bestand hat, ist die Bitte, nicht mehr als 2 Euro auszugeben. Wenn überhaupt.
Es ist schon klar, einige finden Wichteln ja ganz gut, aber Philipps Meinung interessiert hier doch keinen.
Bei einer spontanen Umfrage in der Schule zum Thema 'Wichteln' sprachen sich fast alle GEGEN Wichteln aus. Das beweist einerseits, dass wir uns hier an einem Gymnasium mit intelligenten Menschen befinden, andererseits, dass es auch hier immer wieder Dummes gemacht wird.
Ja, und dann werden die Geschenke auf dem Tisch gestapelt und jeder darf kommen, und sich sein heimlich gemachtes Geschenk holen. Von wegen heimlich, dass ich nicht lache! Spätestens zwei Stunden (Schulstunden!) nach dem Ziehen der Lose weiß doch eh jeder, wer wen gezogen hat. Irgendwie ist ein Geheimnis halt doch das, was man anderen erzählt. Und das macht das Schenken ja noch viel schlimmer. Die richtig guten - also miesen - Geschenke gehen jetzt nicht mehr. Und dem Mädchen, das man doch ganz gut findet, kann man jetzt auch nichts Schönes mehr schenken, sonst denkt die noch das Falsche, oder Richtige ...
Es ist schon kompliziert.
Und der Müllberg in der Klasse ist unaushaltbar und erfordert sofortigen Einsatz des Ordnungsdienstes. Und auf einmal merkt der Klassenlehrer, dass wir bisher gar keinen Ordnungsdienst in der Klasse hatten und wir müssen ab Januar tatsächlich einen haben. (Wenn wir's nicht vergessen.) Und dabei ist Wichteln noch nicht das Schlimmste.
Schlimmer noch als schlimm ist Schrottwichteln. Das ist wirklich das Letzte. Manchmal ist es sogar so, dass die Geschenke nicht einmal weggeworfen werde können. Sie müssen gleich recycelt oder gar entsorgt werden. Hat jemand von Euch schon einmal 20 Batterien bekommen? Die sind schön schwer und lassen sich wunderbar in Schneebälle einbauen (bitte nicht in der Wohnung ausprobieren), aber so wie es aussieht, gibt es ja sowieso keinen Schnee mehr. Naja, dann hat man wenigsten ein gutes Gefühl im Bauch, wenn man sie in den Altbatterie-Behälter wirft. Trotzdem, Wichteln in der Soft- oder Hardcore Version sind und bleiben eine überflüssige Zeitverschwendung. Wenn ich zu meinen Klassenkameraden nett sein will, dann kann ich das auch so.
Ich meine, könnte ich ...
Aber der einen Klassenkameradin würde ich ja doch gerne was schenken, und ohne Wichteln geht das irgendwie nicht.